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Wien-Wahl: Wer auf sein Wahlrecht verzichtet hat

von Max

Georg Renner hat sich die Wahlbeteiligung der Wien-Wahl näher angesehen.

Die Sozialdemokratie hat einiges zu feiern: Nicht nur, dass sie nach acht Jahren in Opposition im Bund wieder in die Regierung eingezogen ist, die Wiener:innen haben sie am Sonntag auch abermals zur stärksten Partei der Stadt gewählt. Bürgermeister Michael Ludwig und sein Team können sich jetzt aussuchen, mit welcher der vier anderen im Gemeinderat vertretenen Parteien sie die Stadt in den kommenden Jahren regieren wollen.

Zu den relativen Wahlergebnissen der Parteien, Wählerströmen, Hochburgen usw. möchte ich euch an die Kolleg:innen vom ORF verweisen; die haben in ihrer Kooperation mit den Demographen von Foresight eine Menge spannender Erkenntnisse ausgewertet, zum Beispiel welche Wähler:innengruppen sich entlang welcher U-Bahn-Linien konzentrieren. Und zum zunehmenden politischen Unterschied zwischen Stadt und Land ist z. B. in der „Presse“ einiges gesagt worden.

Wie viele Menschen haben auf ihr Wahlrecht verzichtet?

Was mir bisher aber ein wenig unterdiskutiert scheint: Wie viele Menschen in Wien auf ihr Wahlrecht verzichtet haben. Also die sich tatsächlich nicht beteiligt haben, obwohl sie eigentlich könnten, nicht jene, die zwar in Wien leben, aber nicht wahlberechtigt sind. Über letztere haben wir an dieser Stelle ja unlängst berichtet.

Mit der Wahlbeteiligung schaut es bei den Wiener Gemeinderatswahlen nämlich so aus:

Wir sehen: Mit rund 63 Prozent lag die Wahlbeteiligung am Sonntag auf dem zweittiefsten Stand seit 2005. Wir wissen naturgemäß nicht viel über diese Nichtwähler:innen, aber 2005 war die Wahl nach der FPÖ-Parteispaltung; Jörg Haider machte sich damals mit dem BZÖ davon, die Folge war ein Absturz der Freiheitlichen bei den folgenden Wahlen – viele potenzielle Blau-Wähler:innen blieben einfach zuhause. Gut möglich, dass das am Sonntag, nach dem Nicht-Einzug der bei der Nationalratswahl erfolgreichen FPÖ auch wieder so war.

Schauen wir uns das in absoluten Zahlen an – stellen wir also die Zahl der Stimmen für die Parteien jener der Nichtwähler:innen gegenüber, die wahlberechtigt gewesen wären, aber nicht teilgenommen haben:

Wir sehen: Keine andere Partei korrelierte in den vergangenen Jahren so stark mit der Zahl der Nichtwähler:innen wie die Ergebnisse der FPÖ. Aber am Sonntag ist etwas Bemerkenswertes passiert: Bisher war es eben immer so, dass die Zahl der Nichtwähler:innen gesunken ist, wenn die Freiheitlichen dazugewonnen haben – und umgekehrt, wenn die FPÖ abstürzt wie 2005 oder 2020, driften ihre Wähler:innen wieder ins Nichtwähler:innenspektrum.

Heuer war das anders: Obwohl die Freiheitlichen ihre Stimmen mehr als verdoppelt haben, sind die Nichtwähler:innen mehr geworden – nur 2005 waren es mehr als die heurigen 414.000. Wäre ich in einer größeren Wiener Parteizentrale – ob rot, blau oder sonstwas – zuhause, würde mir das beträchtliche Gedanken machen; da gibt es einen Pool von mehr als 100.000 Wähler:innen, die 2015, am Tiefststand der Nichtwählerschaft, schon einmal zu Wahlen mobilisiert worden sind, die jetzt aber nicht einmal von Protestparteien erreicht worden sind.


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Innenpolitik-Journalist Georg Renner erklärt einmal in der Woche in seinem Newsletter die Zusammenhänge der österreichischen Politik. Gründlich, verständlich und bis ins Detail. Der Newsletter erscheint immer am Donnerstag, ihr könnt ihn hier abonnieren. Renner liebt Statistiken und Studien, parlamentarische Anfragebeantwortungen und Ministerratsvorträge, Gesetzes- und Verordnungstexte.

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