Startseite Politik Wir haben einen großen Vorteil zu anderen Armeen

Wir haben einen großen Vorteil zu anderen Armeen

von Max

Das Sparbudget bedeute nicht, dass die Investitionen in eine moderne Armee gebremst werden. Für Verteidigungsministerin Klaudia Tanner ist das beschlossene Aufrüsten weiterhin auf Schiene.

KURIER: Frau Ministerin, Sie waren in der türkis-grünen Regierungsperiode jene Ressortleiterin, die offen kommuniziert hat, weiter für die Verteidigung zuständig sein zu wollen. Die Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt.

Klaudia Tanner: Das kann man so sehen.

Jetzt ist Kontinuität ein Argument für den Verbleib. Aber FPÖ und SPÖ wollten in den Verhandlungen auch dieses Ministerium. Warum ist es der ÖVP so wichtig?

Wir haben den Weg der Sicherheit im Sinne der Österreicherinnen und Österreicher eingeschlagen. Gleich nach meiner Amtsübernahme in der vergangenen Periode haben wir uns um das Milizpaket gekümmert, wir haben viele Millionen in den Katastrophenschutz investiert, und jetzt gibt es die „Mission Vorwärts“, den Aufbauplan 2032+. Da tut es schon gut, Kontinuität zu haben und den Weg zu einer modernen Armee weiterzuführen.

Das Wichtigste an dem Plan sind die notwendigen Milliarden, die zur Verfügung stehen. 16 Milliarden Euro bis 2026, danach das Bekenntnis im Regierungsprogramm, zukünftig zwei Prozent des BIP für die Verteidigung auszugeben. Hat es da nie das Ansinnen gegeben, in Zeiten von Sparbudgets hier Abstriche zu machen?

Es war gut, hier den Weg über ein Landesverteidigungsfinanzierungsgesetz zu wählen. Das ermöglicht Planbarkeit über eine Legislaturperiode hinaus. Der Aufbauplan heißt ja auch 2032+, weil alle Beschaffungen eine gewisse Zeit dauern. Wir haben dazu über alle Parteigrenzen hinweg Einigkeit über den Weg zu einem modernen Bundesheer erzielen können. Es hat mich und viele Soldatinnen und Soldaten gefreut, dass wir im österreichischen Vertrauensindex auf Platz eins waren. Das hat es davor noch nie gegeben. Das hat natürlich auch mit dem Angriffskrieg von Putin gegen die Ukraine oder den Assistenzeinsätzen, etwa nach einem Hochwasser, zu tun.

Bei Gebhart: Klaudia Tanner

Jetzt rüstet nicht nur Österreich auf, sondern ganz Europa investiert in Kriegsgerät. Gibt es genug Industrie, um all das zu bekommen, was gewünscht wird?

Es stimmt natürlich, dass viele – so wie wir – in der Vergangenheit geglaubt haben, dass wir auf einer Insel der Seligen leben. So wurden in vielen Ländern die Verteidigungsbudgets nach unten gefahren. Jetzt gibt es die Gegenbewegung. Alle beschaffen derzeit durchaus zeitgleich, deswegen ist es auch wichtig – und das passiert innerhalb der EU auch –, dass man sich um den Wiederaufbau der Rüstungsindustrie kümmert.

Heimische Vertreter der Industrie sind unglücklich darüber, dass wir keine wirkliche Rüstungsindustrie mehr haben und wir deshalb da auch nicht an der Wertschöpfung teilnehmen können.

Das ist ein wichtiger Punkt, und dazu ist auch im Regierungsprogramm etwas zu finden. Hier gibt es auch ein paar positive Beispiele. Wir haben Hunderte Radpanzer vom Typ Pandur Evo angeschafft. Da sind auch zahlreiche österreichische Klein- und Mittelbetriebe involviert. So gibt es als Beispiel ein niederösterreichisches Unternehmen, das die Wannen für den Pandur lackiert. Die Investitionen in die Kasernen gehen an die lokale Bauwirtschaft. Unser Ziel muss es sein, dass wir Industriekooperationen suchen, um noch mehr an Wertschöpfung in Österreich zu halten.

Angesichts der milliardenschweren Investitionen erhält die Verteidigungsministerin natürlich immer sofort die Frage, wo ihr Ressort sparen wird, um die Vorgaben des Kanzlers zu erfüllen.

Wichtig ist, dass wir ein ausgeglichenes Budget haben. Genauso wichtig ist, dass wir eine moderne Armee haben. Es gibt – so wie immer – die Budgetverhandlungen, die mit dem Finanzminister zu führen sind. Dann wird man weitersehen. Aber es bleibt das klare Bekenntnis, dass die Einsparungen nicht den Aufbauplan 2032+ betreffen dürfen.

Bleibt also nur die Verwaltung im Ressort?

Es ist ohne Zweifel eine Möglichkeit, dort etwas zu finden. Bei uns ist das etwas herausfordernder. Während in anderen Ministerien unter Sachkosten das Kopierpapier aufscheint, fällt im Verteidigungsressort beispielsweise der Sold für die Grundwehrdiener darunter. Aber man kann immer irgendwo Wege finden, um effizienter zu werden.

Wenn jetzt so viel aufgerüstet wird, so viel neues Gerät beschafft wird, stellt sich da nicht die Frage, ob wir überhaupt genügend Soldaten für eine moderne Armee haben?

Die Personalfrage wird die große Frage der Zukunft werden. Das ist aber nicht nur beim Bundesheer so. Im Unterschied zu den anderen Armeen haben wir einen großen Vorteil. Bei der Volksbefragung 2013 wurde in Österreich die richtige Entscheidung getroffen, nämlich die Beibehaltung der Wehrpflicht. Wir haben derzeit rund 16.000 junge Männer pro Jahr im Grundwehrdienst. Mit der Einführung des freiwilligen Dienstes für Frauen vor zwei Jahren sind es fast 17.000 Wehrpflichtige. Wir haben erstmalig seit zehn Jahren den monatlichen Sold erhöht. Dennoch müssen wir jede Werbemöglichkeit nützen, um Soldaten zu rekrutieren.

In diesem Zusammenhang taucht in verschiedenen Offizierskreisen immer wieder das Thema auf, den Grundwehrdienst mit derzeit sechs Monaten zu verlängern. Wie stehen Sie dazu?

Eines ist richtig: Die sechs Monate, die wir derzeit haben, sind wirklich sehr kurz. Aus rein militärstrategischen Überlegungen heraus ist es nachvollziehbar, dass man sich eine Verlängerung wünscht. Vorerst haben wir jetzt einmal darauf geschaut, dass diese sechs Monate tatsächlich rein für die Ausbildung genutzt werden können. Zusätzlich haben wir im Regierungsprogramm eine kluge Lösung gefunden: Eine Expertenkommission, unter der Führung unseres Milizbeauftragten Generalmajor Erwin Hameseder, soll Lösungen finden, in welche Richtung es gehen soll. Es geht da auch um das Verständnis der Wirtschaft, wenn Soldaten zu Milizübungen eingezogen werden. Ich bin überzeugt, dass diese Gruppe im Einvernehmen eine Lösung finden wird, die zu einer höheren Einsatzbereitschaft und zur Möglichkeit führt, viel mehr Übungen durchzuführen.

Die Gruppe könnte auch zur Entscheidung kommen, dass sechs Monate Grundwehrdienst ganz einfach zu wenig sind.

Das könnte durchaus sein.

Politisch ist es aber nicht sehr einfach, so eine Verlängerung durchzuziehen.

Diejenigen aus dem blauen Eck, die derzeit am meisten schreien, müsste man fragen, warum sie das eigentlich damals nicht gemacht haben, als sie in der Verantwortung waren. Generell müssen wir dabei ansetzen, dass das Bewusstsein gestärkt wird, dass die Landesverteidigung uns alle etwas angeht. Die Wehrbereitschaft ist bei uns in Österreich halt sehr niedrig. Es weiß kaum jemand, worum es geht, was es zu verteidigen gilt. Dabei ist es nicht selbstverständlich, in einer Demokratie, in Frieden und in Freiheit zu leben.

Ein Thema sind die Frauen im Heer. Da ist schon einiges passiert. Einen verpflichtenden Grundwehrdienst wie bei den Männern wollen Sie für Frauen nicht. Warum?

Wir haben einen freiwilligen Grundwehrdienst eingeführt, weil eine Verpflichtung meiner Meinung nach erst dann Sinn macht, wenn wir Frauen gleichberechtigt sind. Und ehrlicherweise sind wir das nicht. Im Heer haben wir mittlerweile eine Frau mit dem Dienstgrad Generalmajor. Wir haben mittlerweile Frauen auf allen Ebenen. Dennoch müssen wir weiter an dem Thema arbeiten, weil der Prozentsatz an Frauen nach wie vor viel zu niedrig ist.

Sie treffen immer wieder mit den europäischen Verteidigungsministern zusammen. Wir wird dort unsere Neutralität gesehen? Wird es uns als Feigheit ausgelegt?

Nein, überhaupt nicht. Dort sieht man, dass wir zum einen als neutraler Staat leben, zum anderen aber genauso ein glaubwürdiger Partner der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sind. Wir haben Hunderte Soldatinnen und Soldaten in friedenserhaltenden Missionen, gerade wenn man auf den Westbalkan schaut. Österreich ist bei diesen Missionen vorne mit dabei. Da würde man den Soldatinnen und Soldaten unrecht tun, wenn man da von Trittbrettfahrern spricht.

Wenn es in der Ukraine tatsächlich zu einem Waffenstillstand kommt und Friedenstruppen diesen absichern sollen, wären österreichische Soldaten mit dabei, wenn es dazu ein Mandat und eine entsprechende Anfrage gibt?

Das Wichtigste ist, dass es überhaupt zu einem Frieden kommt. Das schaut jetzt ja schon wieder sehr fragil aus. Wie bei jeder anderen Friedensmission muss es zuerst ein Mandat geben und dann die Beurteilung, wie wir uns einbringen können.

Unsere Neutralität wäre bei so einem Einsatz in der Ukraine nicht hinderlich?

Wir haben immer unsere Bereitschaft gezeigt, uns im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik einzubringen.

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