Die wirtschaftsliberale Denkfabrik Agenda Austria hat ein Maßnahmenbündel zur Senkung der Staatsschulden zusammengestellt. „Wir brauchen zügig Sofortmaßnahmen“, sagte der Ökonom und stellvertretende Direktor Hanno Lorenz zur APA. Rasches Sparpotenzial sieht die Agenda Austria in den Bereichen Klima, Soziales und Staat. Aber auch strukturell müsse etwas getan werden. Neben den akuten Einsparungen soll eine Ausgabenbremse nach Schweizer Vorbild kommen.
Die Erwartung an die nächste Bundesregierung sei zudem, den „Wirtschaftsmotor“ zum Laufen zu bringen, so Lorenz. Mit allen Vorschlägen zur Budgetkonsolidierung rechnet die Agenda Austria für das Jahr 2025 mit Einsparungen von 10,68 Milliarden Euro. Bis 2029 steigt diese Summe auf 31,5 Milliarden Euro.
Ziel müsse sein, die Maastricht-Grenze von drei Prozent Jahresdefizit einzuhalten. Das Finanzministerium hatte Anfang Oktober seine Defizitprognose für das Budget des Jahres 2024 auf 3,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erhöht. Eine Ausgabenbremse würde überhaupt bedeuten, keine neuen Schulden zu machen. In der Schweiz müssen Defizite einzelner Jahre über ein Ausgleichskonto kompensiert werden. Langfristig möchte die Agenda Austria so auch die Staatsverschuldung von derzeit rund 80 Prozent des BIP senken. Ihre Berechnungen zeigen für 2060 eine Schuldenquote von 26,2 Prozent.
Grünes „Prestigeprojekt“ Klimaticket soll halbiert werden
Die Liste der Sparmaßnahmen umfasst einige Punkte zum Klimaschutz. Das liege daran, dass die Ausgaben in diesem Gebiet zuletzt stark gestiegen seien, sagt Lorenz. Mit der Abschaffung der „Überförderung“ beim Klimabonus könnten 2025 780 Mio. Euro gespart werden, 2026 770 Mio. Euro. Ab 2027 gehe der Klimabonus in ein europäisches System über und „müsste wegfallen“.
Halbieren würde die Agenda Austria Zahlungen fürs Klimaticket, was 400 Mio. pro Jahr bringt. Das „Prestigeprojekt“ der Grünen ist für Lorenz eine „sehr teure Maßnahme“ und „nicht treffsicher“. 500 Mio. jährlich sollen Einsparungen bei der grünen Transformation für Unternehmen bringen. Die gleiche Summe liegt bei einer möglichen Abschaffung des Dieselprivilegs. Eher klimafreundlich wäre auch eine Einsparung bei der Pendlerpauschale. 200 Mio. Euro sieht der Entwurf anfangs vor, später 180 Mio. pro Jahr.
Anhebung des Pensionsalters gefordert
Im Bereich Sozialstaat sind Pensionen der größte Brocken. Die Agenda Austria will „Überanpassungen“ seit 2009 kompensieren. Mit 1,12 Mrd. rechnet die Denkfabrik dafür 2025, ab 2027 wären es 1,17 Mrd. Euro. Eine langfristige Maßnahme ist die schrittweise Anhebung des Pensionsantrittsalters auf 67 Jahre. Hier steigt das Sparpotenzial bis 2029 auf 5 Mrd. Euro.
Abgeschafft werden soll die Geringfügigkeit bei Arbeit. Ursprünglich sei das Modell als Zuverdienst für Arbeitslose gedacht gewesen. „Die Menschen bleiben aber oft dort“, sagt Lorenz. Unternehmen würden manchmal ausnutzen, keine Beiträge zahlen zu müssen. Auch Konstruktionen mit Schwarzgeld würden so gefördert. Man käme auf zusätzliche Einnahmen von 700 Mio. Euro jährlich. Die Abschaffung der Bildungskarenz würde 2025 730 Mio. bringen, später bis zu einer Milliarde im Jahr.
Im Unternehmensbereich sieht die Agenda Austria viel Geld in der schrittweisen Reduktion von Förderungen. Österreich liege über dem EU-Schnitt und solle auf das Niveau von 2019 zurückkehren, findet Ökonom Lorenz. Gut eine Milliarde brächte das im kommenden Jahr, ab 2028 6,3 Mrd. Euro. Schrittweise ansteigen – auf über 7 Mrd. jährlich – sollen auch generelle Ressorteinsparungen im Bund. Mit einer Milliarde pro Jahr bilanziert eine Reduktion des Finanzausgleichs.
Ausgabenquote zuletzt gestiegen
Eines ist für die Denkfabrik klar: Österreich habe kein Einnahmenproblem. „Das Defizit kommt von den Ausgaben“, so der Ökonom Dénes Kucsera. Das mache sich auch in den prognostizierten Staatsausgaben bemerkbar. Zuletzt ist die Quote – ausgedrückt in Prozent des (BIP) – immer weiter gestiegen.
Im Juni 2023 ging der Fiskalrat für das Jahr 2024 von 50,2 Prozent aus. Jüngste Schätzungen der EU-Kommission liegen bei 54,3 Prozent. Für 2025 ist die Entwicklung ähnlich. Statt 49,8 könnten die Staatsausgaben dann 54,4 Prozent des BIP ausmachen. Zum Teil sei das mit geopolitischen Faktoren begründet, die nicht absehbar waren. Sehr wohl absehbar sind laut Kucsera strukturelle Kostentreiber wie etwa Pensionierungswellen. Die Folge seien weitere Ausgabensteigerungen. Ohne Reformen führe diese Entwicklung zu „großen Problemen“, sagt Kucsera.