Das vergangene Jahr war auch für Start-ups kein leichtes. Die hohe Inflation, unsichere Finanzierungen, steigende Zinsen und geopolitische Spannungen haben ihre Spuren hinterlassen. Die Talsohle dürfte aber durchschritten sein. Das lassen jedenfalls die Einschätzungen von Gründerinnen und Gründer vermuten, die für den Austrian Startup Monitor befragt wurden, der am Freitag im Wirtschaftsministerium präsentiert wurde.
Waren im Jahr davor noch 57 Prozent der Ansicht, dass sich das Finanzierungsumfeld verschlechtert hat, ging die Zahl im vergangenen Jahr auf 45 Prozent zurück. Die Stimmung hat sich also etwas aufgehellt. Die Daten geben das aber noch nicht her. Im vergangenen Jahr gingen die Finanzierungen österreichischer Start-ups neuerlich im zweistelligen Bereich auf knapp 580 Mio. Euro zurück.
360 Start-ups wurden 2024 gegründet. Die Zahl stagniert. Seit 2013 wurden 3.707 innovative junge Unternehmen gegründet.
Wien dominiert
Der Großteil wurde mit 1.734 in Wien gegründet, gefolgt von der Steiermark (447) und Oberösterreich (440).
53 Prozent haben Gelder von Investoren erhalten. Der Anteil ging zuletzt leicht zurück.
Überlebensrate
Die Rate der Start-ups, die weder in die Pleite rutschten noch verkauft oder übernommen wurden, liegt je nach Gründungsjahr zwischen 64 und 89 Prozent.
10.000 neue Arbeitsplätze
Das wirtschaftliche Umfeld bezeichneten nur knapp 40 Prozent der Befragten als „gut“ oder „sehr gut“. Fast 8 von 10 junge Unternehmen planen dennoch, heuer neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen. Hochgerechnet auf die Anzahl der Unternehmen würde das rund 10.000 neue Arbeitsplätze bedeuten. Derzeit sind geschätzt 30.000 Menschen bei den rund 3.000 aktiven österreichischen Start-ups beschäftigt.
80 Prozent der jungen Untenrehmen wollen heuer auch international expandieren. Mit 47 Prozent sind knapp die Hälfte auch schon auf internationalen Märkten aktiv. Fast jedes vierte Start-up erwirtschaftet mehr als die Hälfte seines Umsatzes im Export, sagte Rudolf Dömötör, der Direktor des WU Gründerzentrums.
IT- und Softwareentwicklung dominiert
Das Gros der österreichischen Start-ups ist im IT- und Softwareentwicklungssektor tätig, gefolgt von den Life Sciences und der Industrietechnologie und Elektronik. Gewachsen ist die Anzahl der Spin-offs von Universitäten. Sie machen mittlerweile ein Fünftel aller Gründungen aus.
Vor allem bei Unternehmen, die innovative technologische Lösungen entwickeln, die auf technologischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren, gab es Zuwächse. Die sogenannten Deep-Tech-Start-ups machen mittlerweile 17 Prozent der Jungfirmen aus, wie Karl-Heinz Leitner vom AIT Austrian Institute of Technology sagte.
Mehr Gründerinnen
Stark gestiegen ist auch die Zahl der Gründerinnen. Sie lag nach 17 Prozent im Jahr davor 2024 bei 22 Prozent. Auch der Anteil der Start-ups, bei denen zumindest eine Frau an der Gründung beteiligt war, wuchs im vergangenen Jahr auf 37 Prozent.
Anna Pölzl vom Start-up nista, das Firmen beim Energiesparen unterstützt, und von Absolventen der TU Wien gegründet wurde, wünscht sich mehr Verankerung von unternehmerischem Denken in den heimischen Lehrplänen. Es brauche mehr Bewusstsein dafür, wie man Forschung kommerzialisieren kann, sagte die Gründerin.
Herausforderungen bleiben
Aber viele andere Herausforderungen begleiten österreichische Start-ups weiterhin. Die Bürokratie macht den Jungfirmen ebenso zu schaffen, wie die nach wie vor anhaltende Probleme bei der Finanzierung.
Zwar gibt es ein weithin anerkanntes Fördersystem, das Unternehmen in der Gründungsphase gut unterstützt. Start-ups in der Wachstumphase, die zweistellige Millionensummen oder mehr benötigen, stoßen in Österreich aber rasch an ihre Grenzen. Knapp die Hälfte der befragten Gründerinnen und Gründer wünscht sich deshalb auch bessere Anreizsysteme für private Risikokapitalfinanzierungen.
Dachfonds soll Kapital mobilisieren
Abhilfe soll ein Dachfonds schaffen, der auch im Regierungsprogramm festgeschrieben ist und der heimisches Risikokapital bündeln soll. Ziel sei es, mehr Kapital für österreichische und europäische Start-ups zu mobilisieren, sagte Elisabth Zehetner, die als Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium neben Energie und Tourismus auch für Start-ups zuständig ist.
Der Bürokratieabbau wurde bereits auch von der vergangenen Regierung zaghaft in Angriff genommen. Mit der sogenannten FlexCo wurden Gründungen und auch die Beteiligung der Mitarbeiter vereinfacht. Immerhin 44 Prozent der im vergangenen Jahr gegründeten Jungunternehmen entschieden sich bereits für die neue Gesellschaftsform, wie Hannah Wundsam Geschäftsführerin des Verbandes Austrian Startups ausführte.
Neben Steuererleichterungen bleibt der Wunsch nach weniger Regulierung unter heimischen Gründerinnen und Gründer aber weiterhin dominant.
Wunsch nach einheitlichen Regeln in Europa
Vor allem international orientierte Unternehmen wünschen sich auch auf europäischer Ebene Vereinfachungen und vor allem einheitliche Regeln. „Wir sind sechs Ländern aktiv, es gibt aber keine harmonisierten Regeln für unser Geschäft“, sagte Johannes Braith, der mit seinem Start-up Storebox, das Lagerabteile für Geschäfts- und Privatkunden anbietet, neben Österrreich auch in Deutschland, der Schweiz und den Benelux-Ländern aktiv ist.
Auch Daniel Albertini, Gründer des auf mobile Datenerfassung spezialisierten Start-ups Anyline, wünscht sich mehr Harmonisierung am europäischen Binnenmarkt: „Für Start-up ist es einfacher in die USA zu expandieren als nach Deutschland oder Frankreich“, sagte der Gründer.