Startseite Kultur Das MAK zeigt dystopische Kunst am „Terminal Beach“

Das MAK zeigt dystopische Kunst am „Terminal Beach“

von Max

„In diesem Moment hörten wir’s krachen!

Bei diesem Geräusch verging mir das Lachen. 

Es war die Axt. ZACK! Aus der Traum. 

Es fiel der letzte Trüffelabaum.“

An diese Begebenheit in Dr. Seuss‘ Kinderbuch „Der Lorax“ (1971) muss man im „MAK Contemporary“, dem Schauraum für Gegenwartskunst im Museum für Angewandte Kunst, fast unweigerlich denken: Der letzte Baum wird gefällt, rundherum ist schon alles kahl, und das ist natürlich unglaublich traurig. 

Wobei: Im MAK kracht es zwar, doch der Baum fällt nicht, stattdessen sieht man plötzlich die Perspektive des Baums und des Roboterarms, der nämlich in dem dystopischen Film der deutsch-französischen Künstlergruppe „Troika“ die Axt schwingt. Dann geht alles von vorn los.

Roboter gegen Baum

Roboter gegen die Natur, der Baum als Symbol für eh alles, was es zu bewahren gilt: Wem diese Konstellation ein wenig 1970er-Jahre-mäßig abgeschmackt erscheint, dem sei hier nicht widersprochen.

Doch die Installation erschöpft sich darin nicht, und so führt das „immersive Kunstwerk“ durchaus konstruktiv ins Herz der Klima Biennale, in dessen Rahmen die Arbeit namens „Terminal Beach“ zu sehen ist. Bei diesem Festival geht es ganz wesentlich auch um die Frage, welche Bilder man braucht, um die gegenwärtige Situation der Menschheit – an der Kippe zu einer großen Klimakrise, ausgestattet mit Technologie, die als Rettungsausrüstung, aber auch als Zerstörungswerkzeug dienen könnte – fassbar zu machen. 

„Troika“ – bestehend aus Eva Rucki, Conny Freyer und Sebastien Noel – gehen an die Sache heran, indem sie versuchen, Bilder des Übergangs zu schaffen, des „nicht-mehr-und-noch-nicht“. Unter dem Begriff „Liminalität“ (von lat. „Limen“ = „Schwelle“) wurde dazu in jüngerer Zeit recht viel Kunsttheorie produziert, im MAK ist das griffige Bild für den Übergang ein Strand. Er pflanzt sich von der virtuellen Realität des Holzhacker-Videos in ein stilles Wasserbecken fort, in dem immer wieder die Wellen mechanisch gekräuselt werden. 

MAK Ausstellungsansicht, 2024 TROIKA. Terminal Beach Troika, Aktaion, 2024
MAK Contemporary

Wie Brunnenskulpturen in sind dazu noch Figuren am Wasser postiert, die selbst aus disparaten Elementen zusammengesetzt scheinen: Eine Sphinx mit dem Kopf eines Reihers, eine japanische Maske auf einem Entenkörper – wie man erfährt, stammt das Rohmaterial für diese digital assemblierten Chimären aus 3D-Scans, die das MAK derzeit in einem weiteren Schritt der Digitalisierung seiner Bestände von Skulpturen und anderen Dingen anfertigt. 

Hybride Wesen

Nun sind Mischwesen verlässliche Indikatoren, die gehäuft an den Übergängen verschiedener Zivilisationen und Denkweisen auftauchen – immer dann, wenn eine einzige Figur nicht alles zu fassen vermag. 

Und so führt eine direkte Linie von Fabelwesen der Antike über die albtraumhaften Kreationen eines Hieronymus Bosch und die Skulptur-Collagen im MAK direkt zurück zum Roboterarm, der im Film den Baum fällt: Er erinnert zwar einerseits an typische Industrieroboter, ist aber zugleich auch dicht behaart (!). Seine Bewegungsart zumindest bei Filmfreaks Assoziationen zu jenem Affen auslösen, der am Beginn von Stanley Kubricks „2001 – Odyssee im Weltraum“ einen Knochen als Werkzeug und Waffe zu gebrauchen lernt und in die Luft wirft (der Knochen wird dann bekanntlich zum Raumschiff). 

Aus der Baum: Das MAK zeigt dystopische Kunst am "Terminal Beach"

 Ob die Referenz bewusst gesetzt ist, beantwortet Künstlerin Conny Freyer eher ausweichend – beabsichtigt ist jedenfalls, die Möglichkeit „lebender“ Maschinen wachzurufen: „Wenn wir uns eingestehen, dass Künstliche Intelligenz irgendwann ein Bewusstsein haben wird – sollten wir sie dann nicht mit Empathie behandeln und erziehen?“ stellt sie als Frage in den Raum. 

Es ist  also doch mehr Denkstoff in der Installation angelegt als in der Bruder-Baum-Ästhetik der frühen Umweltbewegung. Wenn es darum geht, der noch jungen Maschinenintelligenz Empathie beizubringen, kann man ihr ja trotzdem Dr. Seuss vorlesen. 

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