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Krieg in der Ukraine: Ukrainische Armee kontrolliert zweitgrößte Stadt des Landes wieder

von Max

Vier Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs hat es am Sonntag einen ersten großen Rückschlag für die ukrainische Armee gegeben. Russischen Soldaten ist es nämlich in der Früh gelungen, ins Zentrum der Millionenstadt Charkiw im Nordosten des Landes einzudringen. Die russischen Streitkräfte meldeten einem Medienbericht zufolge zudem die „vollständige Blockade“ der südukrainischen Städte Cherson und Berdjansk.

„Es gibt einen Durchbruch im Zentrum der Stadt“, teilte die Stadtverwaltung von Charkiw nach Angaben des Onlinemediums „Kyiv Independent“ mit. Die Bewohner der Stadt wurden aufgerufen, in ihren Häusern bzw. Schutzräumen zu bleiben. Der Gouverneur der Region, Oleh Sinegubow, erklärte, ukrainische Streitkräfte versuchten, die russischen Soldaten zurückzudrängen.

Die Bewohnerinnen und Bewohner der ukrainischen Stadt Charkiw sind gebeten worden, ihre Häuser nicht zu verlassen.

– © apa / afp / Sergey BOBOK

Den Behördenangaben zufolge hatten die Eindringlinge nur „leichte Ausstattung“. Auf Videos, die von dem Innenministeriumsberater Anton Heraschtschenko und dem staatlichen Dienst für Sonderkommunikation und Informationsschutz im Internet veröffentlicht wurden, waren mehrere leichte Militärfahrzeuge auf einer Straße und ein brennender Panzer zu sehen. Der Durchbruch ereignete sich nach einer Nacht heftiger Kämpfe um die zweitgrößte Stadt der Ukraine. In der Nähe Charkiws war dabei auch eine Gaspipeline explodiert. Sie soll von der russischen Armee in die Luft gejagt worden sein.

Ukrainische Soldaten, hier in der Nähe von Lugansk, müssen am Sonntag herbe Rückschläge vermelden. 
- © AFP / Anatolii Stepanov

Ukrainische Soldaten, hier in der Nähe von Lugansk, müssen am Sonntag herbe Rückschläge vermelden.

– © AFP / Anatolii Stepanov

Am Sonntagnachmittag meldete jedoch der Gouverneur von Charkiw, dass die Ukraine wieder die vollständige Kontrolle erlangt habe.

Darüber, dass die ukrainischen Truppen in Cherson und Berdjansk eingekesselt worden seien, berichtete die russische Agentur RIA Nowosti unter Berufung auf das russische Verteidigungsministerium. Zuvor hatte es schon geheißen, russischen Einheiten sei in Cherson nach erbitterten Kämpfen ein Vorstoß gelungen. Zudem hätten russische Truppen demnach die Stadt Henitschesk und einen Flughafen in der Nähe von Cherson eingenommen.

Kampf um Kiew

„Es ist ruhig im Zentrum von Kiew. Am ruhigsten seit, dieser Vollidiot in Moskau den Krieg erklärt hat“, schrieb der frühere Botschafter in Österreich, Olexander Scherba, am Sonntag in der Früh auf Twitter. Später gab es jedoch Luftalarm, wenige Minuten später war eine Explosion westlich des Stadtzentrums, wie ein Reuters-Reporter berichtete. Etwa 20 Minuten später waren zwei weitere Explosionen zu hören.

Die ukrainischen Streitkräfte zogen zur Verteidigung der Hauptstadt weitere Kräfte zusammen. Es gehe vor allem um die Abwehr des russischen Angriffs im Norden und im Nordwesten der Hauptstadt, schrieb Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar am Sonntag bei Facebook. Im ganzen Land laufe die Mobilisierung. Die Luftwaffe habe russische Kampfjets und Transportmaschinen über Kiew abgefangen, im Süden habe die Marine eine russische Landung vereitelt.

Angeblich hohe russische Verluste

Zu Mittag wurde mitgeteilt, dass die ukrainische Armee die Stadt Irpin nordwestlich von Kiew zurückerobert habe. Die Agentur UNIAN veröffentlichte Videos, die angeblich getötete Russen zeigen sollen. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Zudem sollen ukrainischen Angaben zufolge mehrere gepanzerte Fahrzeuge der Russen nahe dem seit Tagen umkämpften Flugplatz Hostomel zerstört worden sein.

Maljar bezifferte die Verluste des russischen Militärs seit Beginn des Angriffskrieges am Donnerstag bisher auf rund 4.300 Soldaten. Diese Zahl müsse allerdings noch verifiziert werden. Zudem habe die russische Armee 146 Panzer, 27 Flugzeuge und 26 Hubschrauber, 2 Schiffe und mehr als 700 Militärfahrzeuge verloren.

Die ukrainische Führung warf Russland Kriegsverbrechen vor. Zivile Infrastruktur in großen Städten werde absichtlich zerstört, Zivilisten würden getötet. Russland weist das entschieden zurück. Russische Truppen haben nach ukrainischen Angaben „unter Missachtung der Normen des humanitären Völkerrechts“ ein Öldepot nahe Kiew und eine Gasleitung in der zweitgrößten Stadt Charkiw zerstört. Die Angaben sind nicht unabhängig zu überprüfen.

Im Kiewer Vorort Wassylkowo wurde nach Medienberichten eine Raffinerie von Raketen getroffen und in Brand gesetzt. Das Feuer war auch nach Stunden von Kiew aus zu sehen. Die Behörden riefen die Bewohner auf, ihre Fenster zum Schutz vor giftigen Dämpfen zu schließen. Einem Fernsehbericht zufolge wurde bei den Kämpfen auch ein Lager mit radioaktiven Abfällen in Kiew getroffen. Ersten Messungen zufolge bestand aber keine Bedrohung für die Bevölkerung außerhalb der Schutzzone.

Auch in der Region Luhansk in der Ostukraine tobten demnach schwere Kämpfe. Dort meldeten die Separatisten, dass eine ukrainische Rakete ein Ölterminal in der Stadt Rowenky getroffen habe. Die Angaben ließen sich nicht von unabhängiger Seite überprüfen.

Barrikaden aus Bäumen und Molotow-Cocktails

Die ukrainische Armee rief die Bevölkerung auf, den russischen Vormarsch mit allen Mitteln zu stoppen, etwa durch Barrikaden aus Bäumen und Molotow-Cocktails. Die ukrainische Straßenverwaltung rief zudem dazu auf, alle Straßenschilder und Ortstafeln im Land abzumontieren, um die Invasoren zu verwirren.

Auch Häftlinge sollen nun für die Ukraine kämpfen. Mehrere verurteilte ehemalige Soldaten seien bereits aus der Haft entlassen worden und kämpften an der Front, sagte Andrij Synjuk von der Generalstaatsanwalt dem Sender Hromadske am Sonntag. Darunter seien auch verurteilte Mörder. Voraussetzungen für eine Entlassung seien Kampferfahrung, Verdienste und aufrichtiges Bedauern. Auch zwei ehemalige Kommandanten nationalistischer Freiwilligenverbände, die wegen Ermordung und Folter von Gefangenen verurteilt worden waren, hätten entsprechende Gesuche gestellt. Darüber sei aber noch nicht entschieden worden, sagte Synjuk.

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